Geschichte - Unterpullendorf


Das Unterpullendorfer Gemeindegebiet ist mit seinen sanften Hügeln und der meist steinlosen Ackererde sehr gut für die Landwirtschaft geeignet. Somit ist es nicht verwunderlich, dass der frühgeschichtliche Mensch hier Siedlungsplätze suchte und fand.
 
Im Burgenland kann der urgeschichtliche Mensch schon 5000 auf unserem Gemeindegebiet gelebt haben, konnte erst in jüngster Zeit durch die Forschungen und Ausgrabungen des Herrn Ökonomierates Polatschek aus Oberpullendorf nachgewiesen werden. Seinem unermüdlichen Fleiß und seiner großen Liebe zur Archäologie verdanken wir das Wissen über "unsere" Urmenschen.
 
Die Quellen an den Hügelhängen waren von allen Siedlern bevorzugte Plätz zum Ausbau ihrer einfachen Lehmhütten. Der Mensch brauchte Wasser für sein Leben, und so suchte er eben jene Stellen. Diese Quellen sind heute noch aktiv, oder sie sind versiegt und machen sich durch feuchte Stellen im sonst trockenen Ackerland bemerkbar. Gerade in der Umgebung solcher Stellen findet man die "Hinterlassenschaft" jener Menschen, und zwar Keramikbruchstücke, Stein-, Bronze- und Eisengeräte, Hüttenlehm, Holzkohle und Eisenschlacke. Unterpullendorf gilt als eines der reichsten Fundgebiete des Bezirkes Oberpullendorf. Fast alle im Burgenland lebenden Völker lassen sich durch Funde auf dem Gemeindegebiet nachweisen.
 
Man kann nur vermuten, dass bereits in der Altsteinzeit (mehr als 10 000 Jahre v. Chr.) und in der Mittleren Steinzeit (zwischen 10 000 und 5 000 v. Chr.) Menschen hier gelebt haben. Diese nomadisierenden Sippen (Nomaden sind Stämmen, die mit ihren Tieren von Weideplatz zu Weideplatz ziehen) konnten im ganzen Burgenland noch nirgends nachgewiesen werden. Man hat sie aber in allen dem Burgenland benachbarten Bundesländern sowie Ungarn nachgewiesen. Daher kann man notgedrungen darauf schließen, dass sich auch bei uns ihre kleinen Herden geweidet haben.
 
Ab 5 000 v. Chr., in der Jungsteinzeit, gibt es reichlich Nachweise über die Völker, die hier gelebt haben. Das erste Volk, welches seine Spuren hinterlassen hat, sind die sogenannten Linearbandkeramiker. Dieses indogermanische Volk lebte bereits von den Früchten der Landwirtschaft, während die älteren Völker Jäger und Hirten waren. Es lebte etwa 1 000 Jahre auf unserem Gebiet. Diese sesshaften Bauern waren die ersten Siedler, welche Töpferei, die Weberei und die Steinschleiferei beherrschten. Sie schufen sich ihre primitiven Töpfe, die sie mit Linienmustern verzierten, webten ihre groben Gewänder und stellten ihre einfachen Steinwerkzeuge und Steinwaffen her, die sie zur Bebauung des Bodens, zur Jagd und im Haushalt benötigten. Aus dieser Periode sind sehr reichhaltige Funde vorhanden.
 
Während die Siedlungen der Bronzezeit sehr tief im Tal lagen, zum Teil unter dem heutigen Grundwasserspiegel, befanden sich die Siedlungen der Lengyelkultur (um 3 000 v Chr.) immer an den höchsten Stellen am Hang. Daraus lässt sich auf das Wetter schließen. In der älteren Periode waren die Täler versumpft, die Menschen fanden an den Talhängen genug Wasser. Während der extrem trockenen Zeit um 1 000 v. Chr. mussten die Menschen dem versiegenden Wasser nachrücken und siedelten an den tiefsten Stellen des Tales.
 
Den Höhepunkt einer gewaltigen Eisenindustrie schufen die Kelten, die um etwa 400 v. Chr. unser Gebiet eroberten und es bis zum Jahre 9 n. Chr. bewohnten. Die Wissenschaft nennt diese Periode die Latenezeit. Entlang des Stooberbaches, von der Mitterpullendorfer bis zur Mutschner Grenze, sind auf unserem Hotter gewaltige Schlackenmengen aus dieser Zeit vorhanden. Wo es Eisenschlacke gibt, dort musste auch notgedrungen Eisen erzeugt worden sein. Es fehlte nur noch der letzte Beweis, die Eisenöfen. Grabungen nach ihnen konnten die ersten hochentwickelten  Eisenöfen gefunden werden. Diese Verhüttungstechnik ging verloren und konnte bisher noch nirgends gefunden werden. Interessant ist die Tatsache, dass die im Mittelalter (etwa 11. Jh. n. Chr.) betriebenen Eisenöfen weit nicht die Güte und die hohe Entwicklung der keltischen Öfen hatte.
 
Die Frage nach dem Erz war noch ungeklärt. Ohne erz kein Eisen, keine Eisenverhüttung. auf Grund der damaligen Situation war es praktisch unmöglich und unwahrscheinlich, dass diese Leute das Erz aus weiter entfernten Gebieten hätten heranschaffen können. Es musste irgendwo in der Nähe der Verhüttungsorte gefunden worden sein. Wieder war es Herr Polatschek, der bahnbrechend wirkte. Im Zerwald, in kälteren Karten auch "Schwarzer Wald" genannt, befinden sich viele hundert trichterförmige Gruben. Der Erzählung im Orte nach sollen dort Türken ihr Lager gehabt haben. Sie sollen diese Gruben angelegt haben. Solche Gruben, in der Wissenschaft "Pingen" genannt, ziehen sich vom Zerwald über den heutigen Sportplatz, über den Maierhof nach Langental, weiter nach Nebersdorf, Großwarasdorf und weite bis nach Raiding. Ihre Zahl schätzt man auf etwa 16 000.
 
Nach jahrelangem Suchen erkannte Herr Polatschek diese "Pingen" als die "Erzbergwerke" der alten Siedler. Untersuchungen fanden seine Theorie bestätigt. Im Zerwald zuerst konnte er in den Pingen und in ihrer Umgebung Eisenerz finden. Auf der ganzen Pingenlinie bis Raiding hin lässt sich das Vorhandensein von Eisenerz bestätigen. Es handelt sich dabei um das Limonit oder Raseneisenerz. Währen zum Beispiel das steirische Erz in kompakten Felsen enthalten ist, liegt das bei uns vorhandene in faustgroßen bis bierfass-großen Klumpen im Lehm oder Ton. Über seine Entstehung ist man sich im Unklaren. Es könnte in dem vor Jahrmillionen unseren Raum bedeckenden Thetismeer entstanden sein.
 
Im Jahre 9 nach Christi Geburt besetzten die Römer unser Land. Unser Raum wurde ein Teil der Provinz Pannonien. Die Eisenerzeugung ließ etwas nach in der Römerzeit und hörte etwa 375 n. Chr. ganz auf. Die beginnende Völkerwanderung - vor allem die Markomannen - zwang die Römer zum Rückzug. Sie handelten, wie bereits erwähnt, mit den hier befindlichen Kelten, sodass ihnen die hiesige Eisenerzerzeugung bekannt war. Erst sie begannen, das Land systematisch zu kolonialisieren. Sie legten Straßen an, von denen einige nachgewiesen werden konnten. Sichtbarer Nachweis ihrer Anwesenheit auf unserem Gebiet ist eine Villa, deren Fundamente im mehrmals erwähnten Zerwald ausgegraben wurden. Man fand dort Tonscherben, Ziegel sowie drei römische Münzen.
 
Die zweite Blütezeit erlebte die Eisenproduktion in unserem Raum unter der arpadenzeitlichen Bevölkerung, die im 11. Jh. mit der Produktion begann und sie bis in das 14. Jh. hinein fortsetzte. Diese nicht mehr so ferne Zeit ist durch zahlreiche Funde belegt. Die primitive Technik der Eisengewinnung reichte bald nicht mehr aus, und somit endete im Mittelalter ein blühender Wirtschaftszweig auf diesem Gebiet.
 
Vieles hat Unterpullendorf bereits der Wissenschaft gebracht, vieles muss noch erforscht werden, damit wir mehr Klarheit über die Menschen gekommen, die einst unseren Raum besiedelten.